Mrz 24 2010
Funktioniert Player-Driven Content überhaupt noch?
Über einen Beitrag von Holger wurde ich zu diesem Beitrag inspiriert. Ausgangssituation war ein Missstand in Aion, den es so auch schon im Warhammer Endgame gegeben hat: Eine Seite bzw. Fraktion weigert sich am EngameContent zu beteiligen, was dazu führt, das man Burgen oder Festungen nahezu ohne Gegenwehr einnehmen kann. In ein paar Wochen wendet sich dann das Blatt und die andere Seite ist dann dran, um Gebiete und Festungen einzunehmen. Im Grunde eine Variation der MMO Endgame Problematik.
Das einzige MMO was mir bekannt ist, wo eben dieser Player-Driven Content funktioniert, ist EvE Online. Doch warum ist das so? EvE lockt nicht unmittelbar mit Belohnungen nach einer erfolgreicher Eroberung eines Gebietes. Hier gibt es keine T11 Sets, keine Waffen oder Punkte, die man dann wiederum für Items ausgeben kann. In EvE erobert man Gebiete, weil man einen strategischen Vorteil haben möchte, weil es ums Prestige geht, oder aber weil man es kann und den Gegner nicht mag.
In Warhammer und Aion gibt es mittelbare Belohungen für eine Eroberung, in Form von Items, Loots oder Punkten. Es geht also niemand zur Eroberung, weil er etwas erobern will, sondern weil am Ende Items winken. Hier stellt sich die Frage, ob so ein Konzept auf Dauer funktioniert, denn spätestens wenn die Spieler ihre Items erbeutet haben, stellt sich die Frage, warum Sie zur nächsten Eroberung noch hingehen sollten. Es gibt ja nichts, was sie noch bräuchten.
Ebenso ist die Eroberung in Warhammer und Aion zeitlich begrenzt und eben genau auf dieses Itemprinzip ausgelegt. Denn man hält eine Burg oder Festung nur für eine kurze Zeit, danach wird die Kampagne zurück gesetzt, die Eroberung beginnt also wieder von vorne. Damit nicht genug: Bei häufiger Niederlage helfen sogar noch NPC Fraktionen der schwächeren Fraktion. Allein dadurch verliert die territoriale Vorherrschaft schnell an Bedeutung. Anders in EvE: Wer ein Gebiet einnimmt, hält und verteidigt hat es so lange, bis er vertrieben wird. Von anderen Spielern natürlich. Computerunterstützung gibt es hier keine.
Durch diese beiden Faktoren bekommt der Player-Driven Content eine ganz andere Bedeutung, da er weder an Items, noch an zeitliche Komponenten gekoppelt ist. Bei War/Aion ist es ein progressiver Item-Content, der lediglich als Player-Driven getarnt ist. Aber eigentlich kann der Spieler das eigentliche Spielgeschehen nur geringfügig beeinflussen, da der Weg bereits vorgegeben ist.
Ob dieses Konzept mit den MMO-Spielern von Heute noch durchsetzbar ist, bleibt fraglich, denn weder bei Warhammer, noch bei Aion scheint es zu funktionieren, da die Spieler stets bemüht sind, den Weg des geringsten Wiederstandes zu gehen, um an Ihre Items zu kommen, was gleichbedeutend ist, mit keinem PVP, in einem einen PVP Spiel. Absprachen zur Festungsübernahme und sich Gegenseitig aus dem Weg gehen, sind also an der Tagesordnung, um schnell und ohne großen Aufwand an den gewünschten Loot zu kommen. Hier schafft der Entwickler also nicht die richtige Basis, um dauerhaft Player-Driven Content zu ermöglichen.
Holger
24. März 2010 @ 14:10
Das mit den Items ist wirklich traurig und mir geht das auch irgendwie ein wenig ab und ich stehe verständnislos davor. Natürlich freue ich mich über neue Items. Was war ich stolz wie Oskar, als ich mir bei Aion meine PvP-Schultern geholt habe und dann voller Freude allein das Funkeln betrachtet habe.
Aber warum nehme ich an Keep-Raids teil? Weil es Spaß macht und weil ich den Asmodiern keine Festung lassen will. Ich habe noch nicht einmal ansatzweise die Chance, dass mein Legions-Name unter der Festung steht, aber das ist mir egal.
Mag sein, dass ich zu sehr aus der „Brettspiele/Rollenspiel“-Schule komme, um das so wirklich zu verstehen. Aber eigentlich spielt man doch ein Spiel, um zu spielen und nicht um schicke Items vorzuführen und damit herum zu stolzieren. Klar, Erfolgserlebnisse und der Stolz damit gehören auch zum Spiel. Aber… das ist so cool, wenn die Leute mitmachen! Was habe ich Spaß bei Keep-Raids, wenn da Gegenwehr ist oder wir überrollt werden und uns mühsam dagegen stemmen. Allein dafür ist es doch wert zu spielen – nicht nur für die Items.
Ich habe Fußball auch nie für Pokale gespielt, sondern weil es Spaß gemacht habe. Und ich habe Schach nie für die DWZ gespielt, sondern weil es Spaß machte.
Für mehr Spaß am Spiel und weniger an Items! 🙂
Sleth
24. März 2010 @ 14:37
Die meisten Leute spielen aber leider eben nicht aus dem Grund (mehr). Die Erfolge müssen sich in Ranglisten oder Gearscore ausdrücken lassen. Selbst beim Schach hab ich damals schon solche Momente erlebt: „Lass mal Remis schieben, da verliert keiner DWZ bei…“. Einfach, risikolos und das Ergebnis stimmt. Ich glaube dieses ständige „der Spieler muss mit irgendwas belohnt werden, wenn er etwas tut“ hat sehr viel kaputt gemacht, denn mittlerweile ist eben diese Belohnung der Reiz für viele zu spielen, nicht das Spiel selber.
Keng
24. März 2010 @ 14:52
Der Satz ist vielleicht abgedroschen, aber das scheint ein gesellschaftliches Problem zu sein. Klar erzieht man einfacher mit Belohnungen. Aber wenn man das mit den Belohnungen übertreibt, dann stellen sie sich in den Vordergrund anstatt dessen, was das eigentliche Ziel war, wofür man belohnt wurde.
Was aber noch viel schlimmer ist: die Belohnungen werden zur Selbstverständlichkeit. Und damit erfüllen sie nicht mehr den Zweck einer Belohnung, es müssen also neue Belohnungen her. Der eigentliche Zweck, wofür sie ursprünglich mal gedacht waren, ist mittlerweile völlig in den Hintergrund getreten.
Natürlich will ich auch auf etwas stolz sein. Und das waren auch in WoW Items. Was war ich so stolz auf mein T2, was habe ich damit rumgeposed! Aber ist es nicht erstaunlich…. wenn ich jetzt wirklich noch in Dalaran rumposen will… dann stelle ich mich mit mit Full T2 und dem göttlich aussehenden Maladath hin 🙂 Nicht, weil es das krasse Ub0r-Gear ist, sondern weil es darstellt, dass ich was geleistet habe, und dafür etwas bekommen habe, was einen ideellen Wert hat. Nicht nur den Wert im Tooltip. Dass die Mr.-T-Mohawk-Generation in WoW ihr T2 zusammenfarmt, selbst obwohl BWL mittlerweile fast eine 5er-Instanz geworden ist, die Befürchtung habe ich nicht.
Surftipp: Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin « WoW – Journal von Nomadenseele
24. März 2010 @ 15:40
[…] hat sich eine interssante Diskussion entwickelt, die zu 5SecRules Funktioniert Player-Driven Content überhaupt noch? […]
Mem
24. März 2010 @ 16:23
Playerdriven Content funktioniert nur, wenn die Strafe für die Nichtteilnahme an diesem entsprechend hoch ist.Das Problem dabei: in allen neueren Games, die die RVR Geschichte rausholen, wie Aion und War, gibt es genug Puffer und Anreizmechaniken, die eine dauerhafte Dominanz verhindern. Das liegt auch daran, dass diese Spiele Bipolar sind, Order vs Chaos, Asmodae vs Elyos. In Eve ist die Welt multipolar, selbst Allianzen, die ein gutes Standing zueinander haben, denken IMMER erst zuerst an sich, dann daran, wie sie aus dem Bündnis profitieren können und zu allerletzt, wie sie ihren Homies helfen können.
Fazit: playerdriven Content funktioniert nur dann, wenn nicht bei jeder Schieflage das Designteam eingreifen muss. Ich behaupte, das scheitert in War/Aion daran, dass die Parameter für den playerdriven Content eben verhindern, dass dieser wirklich playerdriven ist. Vielmehr wird dieser so stark kanalisiert, dass dass man eigentlich nur von einer anderen Form von vorgegebenen Content sprechen kann.
Um mal eine Analogie zum Sport zu geben: Fußball wird immer Fußball bleiben, weil es sehr viele Regeln gibt, die dieses Spiel definieren. Erst wenn man alle Regeln abschafft und dem Sieger die totale Kontrolle über das Spielfeld inklusive der darauf befindlichen Gegner einräumt, wird man sehen, dass derjenige gewinnt, der wahrhaft alle Möglichkeiten ausschöpft.
Holger
24. März 2010 @ 16:25
Uh, da hast du recht, Sleth. Das habe ich… verdrängt. Wie ich es gehasst habe! Remis-Schieberei… never – ever! Aber stimmt. Gruselig, dass es das auch da gab. Wobei die DWZ ja wirklich bei manche so einen ähnlichen Wahn hervorrief, wie die Items heute. Es gab da ja wirklich Leute, die keine vernünftige Partie Schach mehr spielen konnten, weil sie nur noch an die DWZ-Auswertung dachten.
Aber trotzdem meine ich, dass es im „richtigen“ Mannschaftssport nicht ganz so krass ist, wie zur Zeit in MMOs. Wobei ich zugeben muss, dass mich die Erinnerung an die Remis-Schieberei da ein wenig verunsichert, ob das nicht wirklich nur die verklärte Erinnerung ist. 🙂
Cawti
24. März 2010 @ 17:49
Das Problem sehe ich darin das die Spieler daran gewöhnt sind das es 2 Parteien gibt und für alles eine Belohnung. Es geht nicht um die Ehre einen Gegner zu besiegen oder die Schande zu verlieren, sondern eher darum, was bekomme ich dafür.
Wenn ich da an UO oder später an Daoc denke liegen da einfach Welten zu heute. Lösungen sehe ich in einem Mix aus den verschiedenen momentanen mmorpg. AoC hatte mit dem FFA eigentlich kein verkehrtes Prinzip. Dadurch umgeht man das Problem einer dominierenden Fraktion.
Und hier sollte das Spiel ansetzen. Die Gilde/Corp/Fraktion was auch immer die etwas einnimmt sollte massive Prestige wie Strategische Vorteile von einer PvP Aktion haben. ABER keine Items als direkten Reward. Kein Erfolgseintrag. Die Spieler sollten die Niederlage einfach schon aus Prestigegründen vermeiden wollen.
Wobei das wohl nicht mehr passieren wird. Der Grund ist einfach, es sind zu viele Spieler im Genre die das Risk/Reward überhaupt nicht mögen. So blöde es klingt, so sind unheimlich viele Spieler momentan im falschen Genre. Sie spielen die ganzen mmorpg wie ein Diablo oder wie die Sims. Aber nicht wie ein mmorpg. Es geht auch nicht um mmorpg PvP. Es darf nicht unfair sein. Es darf kein Aufwand sein und es darf keine Zeit kosten oder Nachteile mit sich bringen wenn man verliert.
Ich glaube nicht das sich hier in naher Zukunft irgend ein mmorpg auf den westlichen Markt trauen wird das nicht im Grunde Diablo einfach anders verpackt.
Sleth
24. März 2010 @ 21:39
Wie ich schon in dem verlinkten Endgame Beitrag geschrieben habe: Für viele ist das MMO mittlerweile nur noch ein Konsumgut geworden, was man zwischendurch schnell mal zocken kann. Es ist nicht mehr wie damals das große , zeitintensive Hobby. Schaut dir Warhammer Tabletops an: Da werden Figuren ausgesucht, bemalt, Szenarien gebastelt, Regeln ausgedacht usw. Einfach mal ein bisschen Spielen ist da auch nicht. Oder im Motorradsport: Es gibt Leute die fahren Honda oder BMW und es gibt Leute die Leben Motorrad mit einer Harley und basteln jede freie Minute dran.
Weil das Feld des MMO-Sektors noch so jung ist und gerade erst entdeckt wurde, das sich das ganze Umfeld kommerzialisieren lässt, befindet sich das ganze Genre auf einem Weg der Sebstfindung, was man deutlich am LK AddOn gesehen hat wie ich finde. Blizzard hat soviel probiert um aus den Reaktionen der Spieler für die Zukunft für WoW und das NextGen MMO zu lernen. Was ich viel schlimmer finde: Blizzard probiert wenigstens noch etwas rum, die anderen Anbieter scheinen derzeit nur den Erfolg (mit dem gleichen Konzept) kopieren zu wollen. Das war übrigens auch damals der Vorwurf an NCScoft. Nicht mehr und nicht weniger.
Ich denke das in ein paar Jahren die MMOs so wie wir sie kennen und kannten nicht mehr existieren, einfach weil sich das ganze Genre noch im Aufbau und der Expansion befindet. Fussball war damals auch nur ein Spiel zur Ablenkung vom Stress des Arbeitstages. Heute ist Fussball der Arbeitstag und ein komplett eigener „Wirtschaftszweig“.
LunaHexe
25. März 2010 @ 07:01
Ich würde zuerst die Frage stellen
Hat er jemals funktioniert ?
Weil aus der Tatsache daß es kein erfolgreiches Spiel im Massenmarkt gibt das darauf aufbaut könnte man auch ableiten daß es von Hause aus ein Nischen-Konzept ist.
Das Hauptproblem mit den Items hat 3 Buchtaben und heißt
WoW WoW WoW
Solange der Monopolist den Markt beherrscht „erwarten“ die Kunden auch daß sie in einem MMORPG tonnenweise Ausrüstung hinterher geworfen bekommen.
Dabei steht RPG im besten Fall nachrangig für den Sammeltrieb sondern in erster Linie für die Identifikation mit der eigenen Figur in einer fremden Welt in der viele schöne Geschichten erzählt werden.
RPG und „player driven Content“ haben von Hause aus wenig mit einander zu tun – weil Geschichten einen Erzähler haben.
Luna
Mem
25. März 2010 @ 09:49
Um die Frage zu beantworten: wenn man 300.000 Abos als mehr als nur ein Nischenmarkt ansieht, dann funktioniert es in Eve. Wenn die Abozahl 7 stellig sein soll, klar, dann gibt es ja im Prinzip nur WoW und diverse in Asien vertretene Games. Wobei Aion ja bspw ähnliche Probleme hat in dieser Hinsicht, auch wenn der Aufwand, der betrieben werden muss, größer ist.
Ghanur
25. März 2010 @ 13:21
PvP kann nur dann funktionieren, wenn die Handlungen auch echte Auswirkungen auf die Welt hat.
Ich erinnere mich da noch an Meridian59, PvP-Spiel, skillbasiert – für damalige Verhältnisse ein gutes Spiel.
Danach kam DAoC mit den 3 Parteien, immer noch genug Anreiz für PvP.
Alles danach war Item-Farmen mit angeklebtem Pseudo-PvP. Ich war froh über Spiele, die auf dieses schlechte PvP komplett verzichtet haben, bzw. auf eigenständige Server ausgelagert haben (z.B. Everquest).
EVE bietet ein System, in dem jede Handlung Auswirkung auf die Spielwelt hat (mehr oder weniger sichtbar/auffällig).
Es gibt genau ein Universum für alle Spieler – was in meinen Augen eine wichtige Voraussetzung für den „Player-Driven-Content“ ist.
EVE ist halt nichts für in Watte gepackten Mainstream-Konsumenten, die Warmduscher sind bei WoW besser aufgehoben *fg*.
@LunaHexe, deinen Satz
//RPG und “player driven Content” haben von Hause aus wenig mit einander zu tun – weil Geschichten einen Erzähler haben.//
kann ich so nicht gelten lassen.
Rollenspiel bedeutet nicht, dass es EINEN Erzähler gibt, Rollenspiel bedeutet, dass mehrere Leute an einer gemeinsamen Sache arbeiten und spaß haben und sich innerhalb eines „Settings“ bewegen.
Sleth
25. März 2010 @ 23:45
Warhammer kränkelt übrigens ein wenig daran, das es nur 2 Fraktionen gibt. Ein Beispiel: Der letzte große Contentpatch den ich miterlebt habe war das Land of the Dead mit dem Tomb of the Vulture Lord. Um in dieses Land zu gelangen, musste man in der Kampagne der alten Welt Burgen/Festungen erobern. Allerdings, wenn einem LoD gehörte, war eben niemand mehr da, um die Burgen zu verteidigen, da alle im LoD Land waren. Sprich die Burgen konnte man ohne Gegenwehr einnehmen. Im LoD-Land konnte kein PvP machen, da man nach dem Tod direkt aus dem Gebiet teleportiert wurde.
So wechselte LoD stüdlich und ohne Gegenwehr, da PvP in einem PVP-Game aneinander vorbei betrieben wurde und zum reinen PvE-Kampf gegen Keep-Lords wurde. Klarer Fall von falschem Setting bzw. der falschen Basis um das PvP Spiel und somit den Player Driven Content zu fördern. Allein das LoD schon nach einer gewissen Zeit automatisch zurück geestzt wurde, ist fail genug.
Ghanur
26. März 2010 @ 11:40
Hmmm, das hatte Mythic in DAoC deutlich besser gelöst – da scheint tatsächlich zuviele „Köche“ in den WAR-„Brei“ reinzupfuschen…